Steuerfalle veraltete Registrierkassensysteme

Gerade bei den bargeldintensiven Kleinbetrieben (Gastronomie, sonstige Klein-Händler, Handwerker) ist die formelle Fehlerhaftigkeit der Kassenführung der Klassiker und führt in praktisch jedem Betriebsprüfungsfall zu Problemen und Schätzungen von Besteuerungsgrundlagen.

Bei dem nachfolgendem  Urteil des Finanzgerichtes Münster geht es prinzipiell nicht mehr um das „ob“ der Zuschätzung, sondern nur noch um die Höhe der Zuschätzung / der Mehrsteuern.

Rechtsgrundlage

Die Kassensicherungsverordnung ist eine Verordnung des Finanzministeriums, die neue Standards zur Verhinderung von Manipulationen an Registrierkassen verbindlich vorschreibt. Die Kassensicherungsverordnung (KassenSichV vom 26.9.2017) basiert auf dem Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen vom 16.12.2016. Dieses Gesetz wird auch Kassengesetz oder KassenG genannt.

Ziel der Kassensicherungsverordnung ist, nachträgliche Manipulationen an Umsatzdaten herausfinden zu können. Die Überprüfung erfolgt in einem exportierbaren Journal, das durch das Finanzamt mit einer Prüfsoftware auf Veränderungen und Lücken geprüft werden kann.

Jede Kassenbuchung wird mit einer elektronischen Signatur versehen. Die Signatur funktioniert nach dem Blockchain Prinzip. Bei der Generierung der Signatur werden nicht nur Bestandteile des aktuellen Verkaufsbelegs herangezogen, sondern auch die Signatur des vorherigen Belegs. 

Tatbestände

Der Betrieb war in dem Streitjahr 2010 ein Sushi-Restaurant und ermittelte für die Streitjahre seinen Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich. Den überwiegenden Teil seiner Einnahmen erzielte er in bar.

Die Entscheidung enthält an dieser Stelle ein Bild oder eine Grafik.

In den Streitjahren wurde eine elektronische Registrierkasse eingesetzt. Sie verfügte über ein proprietäres Kassensystem, also ein herstellereigenes Betriebssystem mit geschlossener Firmware. Die Registrierkasse war älterer Bauart. Auf ihr konnten die Fiskaljournaldaten nicht gespeichert werden. Die in der Kasse zunächst gespeicherten Daten wurden aufgrund begrenzter Speichermöglichkeiten (während der Streitjahre 2 Megabyte) überschrieben. Während die von dieser Kasse am Ende des Geschäftstages ausgedruckten Tagesendsummenbons (Zero-Bons/Z-Bons) aufbewahrt wurden, vernichtete der Unternehmer die von der Registrierkasse ebenfalls ausgedruckten Warengruppenberichte. Für unbare Kreditkarten- und EC-Karten-Umsätze verfügte er über ein entsprechendes Kartenlesegerät. Im Kassensystem fand aber keine Trennung der baren von den unbaren Einnahmen statt, weshalb sämtliche Einnahmen als Bareinnahmen ausgewiesen wurden. Tageseinnahmen wurden in einem Kassenbuch erfasst, das er mittels eines Tabellenkalkulationsprogramms (Standardsoftware Numbers für Mac) erstellte.

Das Finanzamt führte eine Außenprüfung durch, die die Einkommen-, Gewerbe- und Umsatzsteuer für die Streitjahre betraf. Während der Außenprüfung überließ der Restaurantbetreiber dem Außenprüfer zwei Speisekarten, die er während des Streitzeitraums eingesetzt habe. Der Außenprüfer des FA gelangte zu dem Ergebnis, dass die eingesetzte Kasse Aufzeichnungsmängel aufweisen würde, weil die erfassten Tageseinnahmen täglich gelöscht würden, bis auf das Benutzerhandbuch weder Organisationsunterlagen noch die Verfahrensdokumentation zur elektronischen Registrierkasse vorlegt werden konnten und die Finanzwege nicht getrennt aufgezeichnet würden (also bar und unbar vereinnahmte Einnahmen jeweils nicht gesondert festgehalten würden). Wegen dieser Beanstandungen schätzte der Außenprüfer zusätzliche Betriebseinnahmen hinzu, indem er auf den Wareneinsatz des Klägers einen Rohgewinnaufschlagsatz von 250 % (2010 und 2011) bzw. 270 % (2012) anwandte. 

Urteil und Begründung

Die Schätzungsbefugnis des Finanzamtes ist gegeben. Ein gravierender formeller Mangel liegt bereits darin, dass in den Streitjahren die Aufzeichnungen mittels Tabellenkalkulationsprogramms (hier Standardsoftware: Numbers für Mac) geführt wurde.

Die Kassenaufzeichnungen durch das eingesetzte Tabellenkalkulationsprogramm – einer Standardsoftware – genügen diesen Anforderungen nicht. Derartige Aufzeichnungen bieten mangels entsprechender Festhaltung keinerlei Gewähr für die fortlaufende, vollständige und richtige Erfassung aller Bargeschäfte ähnlich einem Kassenbuch oder einem Kassenbericht. Die Aufzeichnungen sind veränderbar, ohne dass die Veränderungen kenntlich gemacht werden und erfüllen so auch nicht die Voraussetzung des § 146 Abs. 4 Satz 1 und 2 AO.

Des Weiteren war die sog. Kassensturzfähigkeit im Betrieb nicht gewährleistet. Weil der Inhaber ausweislich im Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage am Ende des Geschäftstages nur einen Wechselgeldbestand beließ, waren die Aufzeichnungen im Kassenbuch insoweit unzutreffend, da danach ein viel höherer Kassenbestand ausgewiesen war. Zur Wahrung der sog. Kassensturzfähigkeit hätte er die entsprechenden Bewegungen aber aufzeichnen müssen (vgl. BFH-Urteil vom 21.02.1990 X R 54/87, BFH/NV 1990, 683).

Ergebnis: Die Höhe der Hinzuschätzung des Finanzamtes ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.

Bitte beachten Sie die Vorschriften der Kassensicherungsverordnung (KassenSichV). In Zweifelsfällen sprechen Sie bitte mit ihrem Steuerberater.