FÜR EMPFÄNGER VON CORONA-ÜBERBRÜCKUNGSHILFEN

Wichtiger Hinweis zum Umgang mit Forderungen der Bezirksregierungen zur Anpassung der Schlussabrechnung – Handlungsempfehlung aus rechtlicher Sicht

In den letzten Wochen mehren sich bei uns die Fälle, in denen Empfänger von Corona-Überbrückungshilfen (insbesondere Überbrückungshilfe III Plus) von ihrer zuständigen Bezirksregierung (BezReg) angeschrieben werden. In diesen Schreiben werden Sie aufgefordert, innerhalb einer sehr kurzen Frist (häufig 14-20 Tagen) einer von der Behörde vorgenommenen Neuberechnung und Kürzung Ihrer Förderung schriftlich zuzustimmen. Alternativ wird die Einreichung abweichender Nachweise gefordert, verbunden mit dem Hinweis, dass andernfalls der Antrag nicht bewilligt werden könne.

Im Folgenden erläutern wir Ihnen die rechtliche Einordnung dieser Situation und eine strategische Empfehlung, wie Sie sich verhalten sollten, um Ihre Rechte zu wahren.

Rechtliche Bewertung der Lage

Die geforderte „Zustimmungserklärung“ ist aus rechtlicher Sicht weit mehr als eine reine Formsache. Sie hat erhebliche, möglicherweise irreversible Konsequenzen.

Das Verwaltungsverfahren:

Die Abwicklung der Corona-Hilfen, insbesondere die Schlussabrechnung, ist ein **Verwaltungsverfahren** nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG). Die Bezirksregierung ist gemäß § 24 VwVfG verpflichtet, den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln (sog. **Amtsermittlungsgrundsatz**). Das bedeutet: Die Beweislast für die Richtigkeit ihrer Berechnung liegt primär bei der Behörde. Sie muss Sie als Antragsteller vor einem für Sie nachteiligen Bescheid anhören und Ihnen Gelegenheit geben, Stellung zu nehmen (§ 28 VwVfG). Die Aufforderung, einfach einer (für Sie negativen) Anpassung zuzustimmen, verschiebt diese Last und diese Pflichten unzulässig auf Sie.

Die „Zustimmung“ als faktischer Rechtsmittelverzicht:

Indem Sie das von der Bezirksregierung vorgelegte Formular unterzeichnen, erklären Sie nicht nur, dass Sie über die Zahlen informiert wurden. Sie erklären vielmehr Ihren **freiwilligen und endgültigen Verzicht** auf die Geltendmachung Ihrer ursprünglichen Berechnung. Eine solche Erklärung kann rechtlich als **konkludenter Verzicht auf Ihr Widerspruchsrecht** gewertet werden (§ 67 VwGO analog). Das bedeutet: Ergeht später ein Bewilligungsbescheid auf Basis dieser von Ihnen „akzeptierten“ niedrigeren Summe, könnten Sie gegen diesen Bescheid **keinen erfolgreichen Widerspruch mehr einlegen** oder Klage erheben. Sie haben sich ja bereits damit einverstanden erklärt. Der Grundsatz von **Treu und Glauben (§ 242 BGB)** steht einem späteren Widerruf dieser Zustimmung entgegen.

Haftungsrisiko für prüfende Dritte

Für uns als Ihre steuerliche oder rechtliche Beratungsperson („prüfender Dritter“) ergibt sich eine kritische Situation. Wir haften gemäß § 3 Abs. 3 StBerG i.V.m. § 280 BGB für die ordnungsgemäße Prüfung und Einreichung Ihrer Anträge und Abrechnungen. Würden wir Ihnen raten, vorschnell einer Kürzung zuzustimmen, ohne dass die rechtlichen Grundlagen dieser Kürzung vollumfänglich und abschließend geprüft wurden, könnte dies im Falle eines Fehlers als **Beratungspflichtverletzung** gewertet werden. Unser aller Interesse muss es daher sein, ein rechtssicheres und vollständig geprüftes Verfahren zu gewährleisten.

Unsere Handlungsempfehlung: So sollten Sie reagieren

Angesichts dieser rechtlichen Bewertung empfehlen wir Ihnen ein klares und proaktives Vorgehen, das Ihre Position stärkt und Ihre Rechtsoptionen erhält.

Option 1 (Empfohlen): Fordern Sie einen formalen Bescheid an.

Reagieren Sie auf das Schreiben der Bezirksregierung, indem Sie höflich und bestimmt einen **formellen Bewilligungs- oder Ablehnungsbescheid** beantragen. Sie können formulieren:

„Wir nehmen Bezug auf Ihr Schreiben vom [Datum] und die darin enthaltene Neuberechnung. Wir bitten Sie, uns Ihren Berechnungsansatz in Form eines förmlichen Verwaltungsakts (Bewilligungsbescheids) mit einer ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung zu übersenden.“*

Warum das wichtig ist: Mit diesem Bescheid haben Sie absolute Rechtssicherheit. Er ist die Grundlage für einen möglichen **Widerspruch** innerhalb der gesetzlichen Frist. Sie verlieren keine Ihrer rechtlichen Optionen und zwingen die Behörde, ihre Berechnung offenzulegen und zu begründen.

Option 2: Geben Sie eine qualifizierte Stellungnahme ab.

Falls Sie Nachweise parat haben, die Ihre ursprüngliche Berechnung stützen (z.B. spezielle Umstände, warum der Referenzumsatz der Behörde nicht vergleichbar ist), können Sie diese nachreichen. **Wichtig:** Diese Stellungnahme darf **keine Zustimmung** zur Kürzung enthalten! Sie sollte vielmehr:

1.  **Ihre rechtlichen Bedenken dokumentieren:** Weisen Sie darauf hin, dass Sie die Aufforderung zur Zustimmung unter Vorbehalt stellen, da Sie in ihr einen unzulässigen Vorwegverzicht auf Rechtsmittel sehen.

2.  **Klargestellen, dass es sich nicht um einen Rechtsmittelverzicht handelt:** Formulieren Sie explizit, dass Ihre Mitwirkung **ausschließlich dem Zweck der Sachverhaltsaufklärung** dient und **nicht als Anerkennung der Rechtmäßigkeit der Kürzung** oder als Verzicht auf spätere Rechtsbehelfe zu verstehen ist.

3.  **Ihre Position sachlich begründen:** Reichen Sie die angeforderten oder zusätzliche Nachweise ein und erläutern Sie, warum Ihrer Auffassung nach Ihre ursprüngliche Berechnung korrekt war.

**Was Sie unbedingt vermeiden sollten:**

–   Bestätigen Sie **nicht** der Anpassung oder ähnliches, ohne dass unsere obigen Vorbehalte ausdrücklich und schriftlich festgehalten wurden.

–   Reagieren Sie **nicht** gar nicht. Eine Nicht-Reaktion kann als Stillhaltezustimmung ausgelegt werden und führt letztlich auch zu einem die Kürzung feststellenden Bescheid, ohne dass Sie Stellung nehmen konnten.

Fazit

Die Strategie der Bezirksregierungen, über eine „Zustimmung“ schnelle und widerspruchslose Korrekturen zu erreichen, ist aus verwaltungsökonomischer Sicht nachvollziehbar, aus rechtstaatlicher Sicht jedoch bedenklich. Sie entmündigt Sie als Antragsteller und beraubt Sie Ihrer prozessualen Rechte.

Unser gemeinsames Ziel muss es sein, Ihr Unternehmen bestmöglich zu schützen. Das erreichen wir nicht durch schnelles Unterschreiben unter Druck, sondern durch ein rechtsstaatliches, formal korrektes Verfahren. Lassen Sie uns daher gemeinsam auf die Erteilung eines förmlichen Bescheids hinwirken. So behalten wir die Kontrolle über das Verfahren, können die Begründung der Behörde prüfen und im begründeten Fall fristgerecht Widerspruch  oder Klage einreichen.

**Rechtlicher Hinweis:** Dieser Artikel stellt eine erste rechtliche Einschätzung dar und ersetzt keine umfassende, auf den Einzelfall bezogene Rechtsberatung.