Ohne Verfahrensdokumentation in die Betriebsprüfung

Die Buchhaltung eines Unternehmens muss  nach GoBD *auch bei elektronischen Belegen nachvollziehbar, jederzeit nachprüfbar, vollständig, richtig, rechtzeitig, geordnet und unveränderbar sein. Um die Erfüllung dieser Anforderungen nachzuweisen, Bedarf es einer Verfahrensdokumentation. Es ist einfach gesagt die Betriebsanleitung des Unternehmens für das Finanzamt. Eine fehlende Verfahrensdokumentation bedeutet nicht automatisch….

dass der Betriebsprüfer die Buchführung verwirft und Hinzuschätzungen vornimmt – vorausgesetzt die Buchführung ist ansonsten nachvollziehbar und stimmt inhaltlich (und welche ist das schon zu 100%?).

Wie muss die Verfahrensdokumentation aussehen?

In der Verfahrensdokumentation werden die betrieblichen Abläufe beschrieben.                   

 Die wichtigsten Punkte einmal zusammengestellt:

  • Allgemeine Angaben zum Unternehmen
  • Beschreibung der steuerlich relevanten Geschäftsprozesse
  • Welche Belegarten fallen an und wo werden diese aufbewahrt?
  • Werden Kassen eingesetzt?
  • Wer ist Ansprechpartner bei Außenprüfungen und wo findet der Betriebsprüfer die Unterlagen?
  • Welche(r) Mitarbeiter sind/ist für die verschiedenen steuerrelevanten Prozesse zuständig?
  • Welche Funktionsgruppen gibt es im Unternehmen und wer sind die Mitarbeiter z.B. Einkauf, Buchhaltung, etc.)?
  • Welche Hardware und Speichermedien werden eingesetzt (incl. Standort)?
  • Welche Software findet im Unternehmen Anwendung?
  • Wo werden Papierbelege aufbewahrt (aktuelle und Vorjahr)?
  • An welchem Ort befinden sich die digitalen Belege? (aktuelle und Vorjahr)

Wichtig sind ebenso ergänzende Unterlagen, welche der Verfahrensdokumentation beizufügen sind. Hier einige Beispiele:

Bedienungsanleitungen, Handbücher, Schulungsunterlagen, Technische Dokumentationen, Programmieranleitung des jeweiligen Systems, Dokumentationen über die Grundprogrammierung und Systemeinstellungen, IT-Sicherheitsrichtlinien, Protokolle zu jeder Änderung der Programmierung, Einrichtungsprotokolle der Kassensysteme, Anweisungen zur Programmierung des Kassensystems, Arbeitsanweisungen, Stammdateninformationen über Artikel, Waren, Preise mit Änderungshistorie, Dokumentationen der internen Kontrollen (Internes Kontrollsystem).

Der Unternehmer sollte sich Schritt für Schritt notieren, was zu tun ist, damit keine Lücken vorhanden sind oder etwas unklar bleibt. So erkennt er auch Fehler in seinen Betriebsabläufen. Alle Änderungen am System oder am Verfahren müssen lückenlos dokumentiert werden. Dazu muss die Verfahrensdokumentation versioniert und eine Änderungshistorie beinhalten.

Was ist ersetzendes Scannen?

Beim ersetzenden Scannen werden Papierbelege elektronisch erfasst und anschließend vernichtet. Einfach einscannen und wegwerfen dürfen Sie die Belege jedoch nicht. Erforderlich ist auch hier eine Verfahrensdokumentation, wo beschrieben wird:

  • Wer darf scannen?
  • Wann wird gescannt?
  • Wie wird gescannt?
  • Wie erfolgt eine Qualitätskontrolle, Sicherstellung, dass der Scan lesbar und vollständig ist?
  • Wie werden Fehler dokumentiert?      
  • Nur dann, wenn genau beschrieben ist wie die elektronischen Belege erfasst, empfangen, verarbeitet, ausgegeben und aufbewahrt werden, dürfen die Papierbelege entsorgt werden.

Wer kann bei der Verfahrensdokumentation helfen?

Vom Deutschen Steuerberaterverband gibt es ein Muster für eine Verfahrensdokumentation, das alle Eventualitäten abbildet. Für das ersetzende Scannen hat die Bundessteuerberaterkammer ebenfalls (gemeinsam mit dem Deutschen Steuerberaterverband) eine Musterverfahrensdokumentation entwickelt.

Wer absolutes Vertrauen in die eigenen Abläufe hat, kommt wahrscheinlich ohne Steuerberater aus. Sicherer ist jedoch eine Dokumentation durch einen Steuerberater.

Verfahrensdokumentation und die Kassennachschau

Seit dem 01.01.2018 hat das Finanzamt die Möglichkeit die sogenannte „Kassennachschau“ durchzuführen. Hierbei sucht das Finanzamt zu üblichen Geschäftszeiten unangekündigt den Betrieb auf und prüft folgende Sachverhalte:

  • Vorliegen einer Verfahrensdokumentation
  • Durchführung eines Kassensturzes (Kassenbestand Soll/Ist-Abgleich)
  • Prüfung der Daten des Warenwirtschaftssystems
  • Prüfung sonstiger Organisationsunterlagen (z.B. Ersteinrichtungsprotokolle,

Programmierprotokolle, etc.).

Betroffen von einer Kassennachschau sind insbesondere Barbetriebe, wie Apotheken, Gastronomiebetriebe, Bäckereien und ähnliche.

Vermeiden Sie folgende Fehler

  • Die Verkaufsdaten sind nicht aus dem Warenwirtschaftssystem heraus generierbar.
  • Eine Verfahrensdokumentation liegt nicht vor.
  • Kassenfehlbeträge werden im Kassenbuch nicht ausgewiesen.
  • Das Kassenbuch wird nicht täglich geführt.
  • Programmierprotokolle und Ersteinrichtungsprotokolle fehlen. 

Denn sollten Mängel bei der Kassennachschau auftauchen kann der Prüfer sofort eine volle Betriebsprüfung anordnen, ohne dass eine Prüfungsanordnung hierfür im Voraus ergeht. D.h. die Betriebsprüfung kann unmittelbar nach der Kassennachschau (z. B. am gleichen Tag) beginnen. Möglicherweise droht auch ein Steuerstrafverfahren. Damit geht jegliche Vorbereitungszeit verloren.

Steuerstrafverfahren und Außenprüfung

Der Anfangsverdacht einer Steuerstraftat schließt die Anordnung einer Außenprüfung (auch als Betriebsprüfung bekannt), und damit einem möglichen Besteuerungsverfahrens, nicht aus. Was bedeutet das für den Unternehmer?

In der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist geklärt, dass im Falle eines Besteuerungsverfahrens ein parallel laufendes Steuerstrafverfahren nicht von der Erfüllung der Mitwirkungspflichten im Besteuerungsverfahren, insbesondere auch nach § 90 Abs. 2 AO, entbindet

Höchstrichterlich geklärt ist auch, dass der im Strafprozess geltende Grundsatz, dass niemand gehalten ist, sich selbst zu beschuldigen nicht von gesetzlich normierten Mitwirkungspflichten befreit. Dies gilt auch für die Mitwirkungspflichten im Besteuerungsverfahren, deren Erfüllung nach § 393 Abs. 1 Satz 2 AO allerdings nicht erzwungen werden kann, wenn damit eine Selbstbelastung verbunden ist. Steuerstrafverfahren und Besteuerungsverfahren stehen grundsätzlich unabhängig und gleichrangig nebeneinander.

Die Finanzämter machen hiervon häufig Gebrauch, eben neben dem Steuerstrafverfahren ein Besteuerungsverfahren laufen zu lassen. Eine Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet.

Fazit

Unternehmer sollten in jedem Fall eine Verfahrensdokumentation erstellen, um teure Überraschungen zu vermeiden.

 *GoBD = Grundsätze zur ordnungsgemäßen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie Datenzugriff.