Wie Sie mit einem Nutzungsdauer-Gutachten Steuern sparen können

Bei der Abschreibung von Mietimmobilien greifen viele Eigentümer auf die Standardregelung zurück: Eine Abschreibung über 50 Jahre, was einem Satz von 2 % pro Jahr entspricht. Doch in der Praxis kann die tatsächliche Nutzungsdauer einer Immobilie – abhängig von Baujahr, Zustand und Ausstattung – deutlich kürzer sein. Dies eröffnet Möglichkeiten, durch ein sogenanntes Nutzungsdauer-Gutachten Steuern zu sparen.

### Wie funktioniert das?

Ein Nutzungsdauer-Gutachten weist eine kürzere Restnutzungsdauer nach als die pauschalen 50 Jahre. Diese kürzere Zeitspanne erlaubt es, die jährliche Abschreibung zu erhöhen, wodurch die steuerliche Belastung reduziert wird. Insbesondere für ältere Gebäude oder Immobilien mit besonderen Abnutzungserscheinungen kann dies erhebliche Vorteile bringen.

Allerdings ist es wichtig zu beachten, dass der steuerliche Vorteil geringer ausfallen kann, wenn der Kauf der Immobilie schon vor einigen Jahren erfolgte. Bereits vorgenommene Abschreibungen schmälern den noch verbleibenden Wert, der steuerlich geltend gemacht werden kann.

### Rechtliche Neuerungen und Gutachtenanforderungen

Mit einem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 28. Juli 2021 (IX R 25/19) hat sich die Rechtslage entscheidend verändert. Laut BFH ist es nicht mehr notwendig, ein spezielles Bausubstanzgutachten vorzulegen, um die verkürzte Nutzungsdauer einer Immobilie gegenüber dem Finanzamt darzulegen. Stattdessen kann der Steuerpflichtige jede Darlegungsmethode nutzen, die den Nachweis im Einzelfall erbringt.

In einem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 22. Februar 2023 wurden daraufhin konkrete Vorgaben für Gutachten zur Restnutzungsdauer formuliert. Es ging um die Methoden, wie der Nachweis erbracht werden kann, dass die Nutzungsdauer einer Immobilie kürzer ist als die standardisierten 50 Jahre.

### BFH-Urteil vom Januar 2024: Ein neuer Präzedenzfall

Ein aktuelles Urteil des Bundesfinanzhofs vom 23. Januar 2024 brachte nun eine weitere Wendung. Der BFH entschied, dass die strengen Vorgaben des BMF in Teilen nicht mit dem Gesetz vereinbar seien. In dem Urteil heißt es, dass die Anforderungen und Einschränkungen, die das BMF in seinem Schreiben für die Nachweismethode vorgibt, nicht vollständig aus den gesetzlichen Regelungen ableitbar seien. Weder das Einkommensteuergesetz (§ 7 Abs. 4 Satz 2 EStG) noch die Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (§ 11c Abs. 1 Satz 1 EStDV) legen fest, wie und mit welchen Methoden die Restnutzungsdauer einer Immobilie geschätzt werden muss.

Dies bedeutet, dass ein auf die Immobilienwertermittlungsverordnung gestütztes Gutachten nach wie vor eine anerkannte Schätzungsmethode ist. Ein solches Gutachten ist ausreichend, um den maßgeblichen Zeitraum für die tatsächliche Nutzung der Immobilie zu bestimmen, ohne sich ausschließlich auf den technischen Zustand zu konzentrieren. Es reicht aus, wenn wirtschaftliche oder rechtliche Faktoren, wie beispielsweise eine beschleunigte Abnutzung oder rechtliche Einschränkungen, eine verkürzte Nutzungsdauer rechtfertigen.

### Fazit: Mehr Flexibilität für Immobilienbesitzer

Das jüngste BFH-Urteil stärkt die Position von Immobilienbesitzern, die durch ein Restnutzungsdauergutachten ihre steuerlichen Abschreibungen optimieren möchten. Da nun flexiblere Methoden zur Nachweisführung akzeptiert werden, bietet dies zusätzliche Spielräume, um die Abschreibung zu erhöhen und so die Steuerlast zu senken.

Immobilienbesitzer sollten mit Ihrem Steuerberater prüfen, ob sich in ihrem Fall ein Nutzungsdauer-Gutachten lohnt. Es kann der Schlüssel sein, um wertvolle Steuervorteile zu sichern.